Qualifiziert sich Knoblauchsrauke ernsthaft zu den besonderen Gehegepflanzen, die wir unter dieser Rubrik hier unregelmäßig vorstellen?
Eigentlich nicht. Sorry.
Denn erstens ist sie nichts Besonderes und zweitens ist sie keine typische Gehegepflanze. Zumindest ist sie das dann nicht, wenn wir damit hier Pflanzen vorstellen, die einem Schildkrötengehege Struktur geben, Versteckplätze liefern, Blickachsen durchbrechen und vor allem: Die nicht gleich in Grund und Boden gefressen werden. Denn Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata (M. Bieb.) gehört eigentlich mehr in die Kategorie der Standardfutterpflanzen. Was heißt, dass die meisten Schildkröten sie mit Hingabe fressen – und zwar in Grund und Boden. Viele Schildkrötenhalter wissen, davon zu berichten.
Ich nicht…
Damit meine ich allerdings nicht, dass meine Tiere keine Knoblauchsrauke fressen. Aber so sehr sie sich auch anstrengen, sie schaffen es nicht, dem Gewucher der vielen Pflanzen in ihrem Gehege Herr zu werden. So üppig, wie die Rauke mittlerweile in unserem Gehege wächst, können die Tiere sie beim besten Willen gar nicht zusammenfressen. Denn neben der Rauke ist das Futterangebot zur Zeit ja umfang- und vor allem abwechslungsreich. Also bleibt die Rauke links liegen, auch wenn an den unteren Blättern immer mal geknabbert wird.
Der Grund für dieses explosionsartige Wachstum ist simpel: Nach der Devise Viel hilft viel habe ich vor Jahren eine bunte Mischung an Futterpflanzen ausgesät. Und als im Folgejahr kaum etwas kam, hab ich wieder ausgesät. Und wieder. Und dann noch mal für die Abwechslung was anderes ins Gehege gepflanzt. Und zur Sicherheit noch mal ein Tütchen Samen nachgelegt.
Alles Aussäen geschah immer in Mengen, dass ich sicher gehen konnte, dass wenigstens einige Pflanzen die Chance haben, aufzugehen. Denn zwischendurch beobachtete ich immer wieder Vögel (zumeist Spatzen), die durchs Gehege marschiert sind und den Samen mit Hingabe gefressen haben. Nun war mir das zu blöd, eine geeignete Vogelabwehr zu entwickeln, also hab ich weder neu gesät: Knoblauchrauke, Rainkohl, Doppelnullraps, Vogelmiere, Löwenzahn, Spitzwegerich, Malven usw. – immer kräftig rein damit. Wir wissen ja: Manch Samenkorn fällt ja geradezu biblisch zwischen die Steine und findet keine Erde zum Keimen, andere verdorren in der Sonne, nur wenig geht auf.
Mal kam das eine Pflänzchen, mal das andere. Richtig üppig war es nie. Also wurde – Sie ahnen es – munter neu gesät. Und dann das: Die Knoblauchsrauke hat es sich nach mehreren Jahren der Wachstumsverweigerung anders entschieden und knallt in diesem Frühjahr aus allen Ecken und Winkeln aus der Erde.
Sie wächst dermaßen gewaltig, dass sie das halbe Gehege nicht nur überwuchert ist, sondern auch viele Pflanzen mittlerweile überragt wurden – Kiefern, Rosmarin, Fingerkraut, Frauenmantel, Segge, Lavendel. Selbst der kleine Weihnachtsbaum, der noch immer im Gehege steht, ist längst ein Zwerg gegen die Raukenstängel. Locker schafft sie es im Moment auf eine Wuchshöhe von 50 bis 60 Zentimetern. Und sie wächst weiter. Verhungern werden also meine Tiere mit Sicherheit nicht, das Grünzeug allein würde weit in den Sommer reichen. Nebenbei schafft sie nicht nur Gehegestruktur, sie schafft auch an zuvorigen Sonnenplätzen so viel Schatten und Feuchtigkeit, dass ich wohl das erste Mal überhaupt anfangen muss, Futterpflanzen aus dem Gehege heraudzureißen und in den Müll zu werfen, statt andersherum Futterpflanzen aus dem Gemüsebeet heraus- und inst Gehege zu schmeißen. Verkehrte Welt.
Vielleicht hätte ich doch auf die guten Ratschläge hören und etwas weniger üppig Raukensamen im Gehege verteilen sollen.
A propos Aussäen.
Von dem Saatgut, dass ich auf den Schildkrötentagen in Kaumberg gekauft habe, ist ja fast gar nichts aufgegangen. Und vom Rainkohl ist auch nicht viel zu sehen.
Besser, ich werde im Herbst noch mal nachsäen…
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Hallo Lutz, mittlerweile habe ich kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich im Gehege „etwas ausdünne“.
Bei mir kommt das nicht auf den Komposthaufen, sondern ich füge mir diese vielen guten Vitamine selbst zu, indem ich gesunde, grüne Smoothies zubereite. In meinen Büchern, in denen Rezepte zum Zubereiten vom Wildkräutern fr Smoothies beschrieben werden, finden sich all die leckeren wieder, die auch unsere geliebten Panzer zu sich nehmen und vor Gesundheit nur so strotzen lassen ;-)
Liebe Grüße Tina
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Hallo Lutz,
nach meiner Erfahrung fressen die Schildkröten die Knoblauchsrauke nur vor der Blüte in größeren Mengen.
Also raus damit mit Deinem Knoblauchsrauken-Urwald, bevor die Samen sich wieder massenhaft vermehren.
Grüße
Ricarda