Von Ines Kosin

Nicht selten findet man im Terraristikbereich verschiedene Bodensubstrate für Reptilien. Am häufigsten vertreten ist Buchenholz oder Pinienrinde. Sie gelten als „hygienisch“ und „staubfrei“, soll sich also ideal für die Haltung von u.a. Schildkröten eignen. Auch manche Verkäufer empfehlen solche Produkte, unabhängig davon ob das Produkt vom Hersteller lediglich für Terraristik oder speziell für Schildkröten angeboten wird. Manchmal wird auch Späne, Mulch oder Heu empfohlen oder vom Halter selbst als Ergänzung erworben. Nicht selten sieht man im Internet diese Form der Haltung oder kennt persönlich solche Halter. Wer sich keine Gedanken über die Bedürfnisse macht, vertraut auf die Empfehlung. Schließlich klingt „staubfrei“, „hygienisch“ oder „optimal geeignet“ sehr verlockend. Manche Hersteller beziehen sich dabei sogar auf positive Rückmeldungen von Zoos oder Instituten.

Doch wer als verantwortungsbewusster Halter sich mal etwas genauer mit den Bedürfnissen von Schildkröten befasst, merkt schnell, dass genau diese Produkte eigentlich genau das Gegenteil von artgerechter Haltung sind, insbesondere bei der Haltung Europäischer Landschildkröten.

Wer einen Blick in den natürlichen Lebensraum wirft, wird dort keine Pinienrinde finden. Man wird dort keinen Rindenmulch finden. Es gibt dort keine Späne und auch kein geschreddertes Buchenholz. Auch wenn es so manche Bäume im natürlichen Lebensraum gibt, so ist es nicht der dortige Bodengrund. Abgefallene Äste bleiben als Ganzes erhalten. Abgebrochene Rinde bleibt als großes Stück liegen. Schildkröten leben dort auf erdigem Boden. Je nach Region mit mehr oder weniger sandigem Anteil. Das herab gefallene Laub wird im Herbst gerne als Unterschlupf aufgesucht. Karge Bereiche hingegen sind mit Steinen und Steinschotter versehen.
Was bedeutet es nun für die Schildkröten bei uns?
Schildkröten graben gerne. Sie suchen dort Schutz vor Frost, Hitze und Feinden. Während des Winters schützt die Pufferwirkung vor großen Temperaturschwankungen oder gar Frost. Im Sommer bietet das kühle Erdreich Schutz vor Hitze. Die Erde ist stets feucht, so kann die Schildkröte über Haut, Panzer und Atmung Feuchtigkeit aufnehmen. Die Pflanzen sorgen über den Tau für zusätzliche Feuchtigkeit. Die Rinde, Holzschnipsel, Späne oder Heu bieten das nicht, sind also trocken und die Pufferwirkung ist nicht die selbe. Wer schon mal in Erde gegraben hat, weiß, dass sich die Temperatur im Erdreich anders anfühlt als die Lufttemperatur. Hingegen ist die Temperatur von Späne, Rinde oder Buchenhack fast gleichbleibend. Während in der Erde wichtige Bakterien vorhanden sind, die für ein natürliches Milieu sorgen, fehlt dieses bei trockenem Holz. Eine typische Folge von falschem (trockenem) Bodengrund ist die Höckerbildung. Insbesondere in den jungen Jahren, also während des Wachstums, bilden sich die „Hubbel“ auf dem Panzer. Selbst wenn man die Schildkröte nur zeitweise auf solchem Substrat hält, hat es solche Folgen.
Ein weiterer Nachteil an Späne, Rinde oder Buchenhack ist die Gefahr von Verletzungen oder Verstopfung. Wenn so ein Stückchen aufgenommen wird, kann es sowohl im Mund-/ Rachenraum verletzen als auch die Speiseröhre oder sogar zum Darmverschluss führen. Diese Aufnahme muss nicht unbedingt absichtlich geschehen (Ausgleich von Nährstoffmangel) sondern kann auch ganz aus Versehen passieren, wenn solche Stücke an der Nahrung haften und somit aufgenommen werden.
Welcher Bodengrund ist nun geeignet?

Das Freigehege sollte größtenteils aus ganz normaler Erde bestehen. Pflanzen und Regen regulieren in der Regel den natürlichen Feuchtigkeitshaushalt. Karge Bereiche aus Steinen, Steinschotter und Holzstämmen sorgen für angenehme Wärme, quasi eine Art Wärmespeicher. Der Schlafplatz im Frühbeet kann nicht vom Regen profitieren, daher sollte der Halter dort regelmäßig großzügig mit einer Gießkanne bewässern und kann ggf. mit (Sphagnum-)Moos nach helfen.
Auf eine Terrarienhaltung sollte verzichtet werden. Es ist zu warm, zu trocken, zu dunkel und insgesamt einfach zu unnatürlich, weil Wetter und Jahreszeiten fehlen. Wenn wegen Krankheit keine oder nur eine verkürzte Winterstarre gehalten werden kann, sind offene Innengehege eine bessere Alternative zum Terrarium, da die Wärme nach oben entweichen kann. Egal ob drinnen oder draußen: Ganz normale Erde ist viel besser als irgendwelche teuren Holzmaterialien aus dem Handel.
Rückmeldung an Hersteller und Verkäufer
Ihr habt bereits schlechte Erfahrung mit dem Substrat gemacht, welches euch empfohlen wurde oder als geeignet angeboten wird? Dann wendet euch mit dem Feedback gerne an den Verkäufer und/ oder den Hersteller. Gerne mit Nachweis, also z.B. Berichte vom Tierarzt oder Institut, wo klar erkennbar ist, dass die Krankheit/ Verletzung/ Tod auf das Substrat zurück zu führen ist. Je mehr sich zurück melden, desto seltener wird der Handel ungeeignete Produkte anbieten und Alternativen suchen.
Text und Bilder (3): Ines Kosin. Alle Rechte bei der Autorin.
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Hallo Ines,
Ich suche noch das richtige Material für in das Schiltkrötenhaus, was ist da zu empfehlen und beachten.
Wie schaut es im Außenbeleuchtung mir Wurmbefall aus durch die Erde?
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Hallo Ines,
danke für den tollen Bericht. Leider sieht man gerade jetzt kurz nach Weihnachten wieder vermehrt Fotos von Schildkröten die auf Holzhäcksel oder Pinienrinde leben. Da kommt dein Artikel gerade zur rechten Zeit.
Barbara
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verwende teilweise auch pinienrinde als Untergrund für die sand/erde Abdeckung. die rinde wird von mir im sommer über tage der sonne ausgesetzt um evtl diverse dinge abzutöten.
ein bekannter von mir in Frankfurt hatte große Probleme mit hexamiten und es wurde festgestellt, dass diese im bodengrund/rinde vorhanden waren. durch zufall wurde auch eine probe aus dem sack in dem die rinde gekauft wurde untersucht und da war dann alles mit hexamiten druchsetzt. seit dem verzichtet er gänzlich auf rinde. hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? gruß hena