Auf Schildkrötensuche in Istrien
Die Schildkröte sitzt unter einem Strauch und dieses Mal ist es tatsächlich kein Stein, nachdem ich auch hier mehrfach enttäuscht worden bin, als ich die Zweige vorsichtig auseinander geschoben habe. Auch dieses Tier wird von allen Seiten fotografiert. Wenn ich schon so wenige Schildkröten finde, dann muss ich eben diese umso öfter knipsen.
Einige Tage später mache ich mich, dieses Mal zusammen mit meiner Frau, noch einmal auf. Es soll ein ausgedehnter Spaziergang werden. Das Wetter ist umgeschlagen, es ist kühler geworden, die Sonne müht sich durch eine dünne Wolkenschicht. Wieder geht es mitten hinein in die Macchia.
Es gibt reichlich Wander-, Spazier- und Radfahrwege, ein großer Campingplatz ist in der Nähe, man muss den Urlaubern schließlich mehr bieten als nur Meer und Strand.
Eine knapp zweistündige Suche in wunderschöner Landschaft bleibt jedoch ergebnislos und so entscheiden wir uns, das Glück noch einmal dort zu versuchen, wo ich schon mal ein Tier gefunden habe. Es ist schon wieder fast Mittag, als wir an dem Haus mit dem Hund anhalten. Der aber scheint verschwunden zu sein. Jedenfalls sieht und hört man nichts von ihm.
Da vier Augen besser sehen als zwei, durchkämmen wir die Macchia rechts und links des Weges. Ich finde ein verlassenes Gelege und leere Eierschalen, zumindest das schon mal ein gutes Zeichen.
Nach etwa einer halben Stunde Suche kommen wir auf eine große Schneise und eine riesige Lichtung. Hier wurde massiv und großflächig abgeholzt, aus welchen Gründen auch immer. Mittlerweile hat die Sonne den Kampf gegen die Wolken gewonnen, es ist unangenehm schwül warm, Schatten gibt es nicht. Überall liegen Äste gefällter Eichen. Die Stämme sind bereits abtransportiert. Unter den aufgeschichteten Zweigen mit dem vertrockneten Laub entdeckt meine Frau eine Schildkröte.
Wieder einmal erweist sich die Panzerzeichnung der Landschaftsschildkröten als perfekte Tarnung, die Tiere sind kaum wahrzunehmen. Man kann noch so aufmerksam schauen, vermutlich ist man an mehreren Schildkröten bereits vorbei marschiert und hat sie ganz einfach nicht entdeckt. Dieses Tier kommt langsam aus seinem schattigen Platz hervor, läuft über diese eher trostlose Landschaft und bleibt auf einem Stein sitzen. Das ist perfekt. Ich fotografiere die Schildkröte, meine Frau fotografiert mich und die Schildkröte schaut uns zu. Sie fühlt sich offensichtlich nicht ganz so wohl dabei. Immer wieder zieht sie die Beine und den Kopf etwas ein. So lange ich um sie herumlaufe und zum Teil auf allen vieren vor ihr über die Erde krieche, verharrt sie angespannt, fast bewegungslos aber nicht komplett in den Panzer zurückgezogen. Es ist das dritte Männchen, das wir gefunden haben.
Ich bin froh, dass mir hier noch ein paar ganz gute Bilder gelingen, die „Ausbeute“ an Schildkrötenfotos aus diesem Urlaub ist ohnehin eher spärlich, wenn ich die Bilder aus der Meerwasserschildkrötenstation in Pula mal abziehe. Aber das ist auch ein anderes Thema, über das ich hier schon geschrieben habe.
Unser Urlaub 2015 geht wieder nach Kroatien, dieses Mal allerdings weiter nach Süden. Und ich habe mich auch schon schlau gemacht, wo ich zu suchen habe.
Text und Bilder: Lutz Prauser. Alle Rechte beim Autor
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Zeitschrift „Minor“ der AG Schildkröten der dght.
Ein Vortrag zu dem Thema mit vielen weiteren Bildern und einem Teil über Schildkröten in Dalmatien steht auf dem Programm des 18. Landauer Schildkrötentages am 28.09.2015. Dieser Vortrag steht ab September für Tagungen, Stammtische, Schildkrötentreffen, Workshops etc. zur Verfügung. Bitte kontaktieren Sie mich bei Interesse.