Anzeigepflicht für Tiergehege

Gehege anzeigen? Das Bundesgesetz ist eindeutig

Ein Bundesgesetz, 16 länderspezifische Lösungen und vermutlich hunderte individueller Auslegungen in den Kommunen. Das neue Bundesnaturschutzgesetz, dass ja eigentlich in vielen Bereichen bundeseinheitliche Regelungen schaffen sollte, hat zumindest Eines nicht erreicht: Klarheit, wie mit der Anzeigepflicht für Gehege wild lebender Arten auf Privatgrund umzugehen ist.

Mit dem „Hintertürchen“, dass weitergehende Vorschriften der Länder unberührt bleibt, setzt das BNatschG zwar die Anzeigepflicht als bundesweite Minimal-Regelung fest, überlässt es aber gleichzeitig den Bundesländern, ob eine weiterführende Genehmigungspflicht bestehen bleibt, eingeführt oder – sofern vorhanden – abgeschafft wird.

Die Landesgesetze weichen erheblich voneinander ab

Als sei damit nicht Verwirrung genug produziert, erlaubt das BNatschG von der Anzeigepflicht unter bestimmten Voraussetzungen sogar abzusehen, nämlich dann, wenn in den Gehegen nur eine geringe Anzahl an Tieren oder Tiere mit geringen Anforderungen an ihre Haltung gehalten werden. Damit aber nicht genug.
Nach den vorangegangenen Artikeln und einem Parallelartikel in der dght-Zeitschrift „elaphe“ haben einige Halter die Initiative ergriffen und sich an die zuständigen Ämter gewandt.
Die Antworten, über die derzeit im Testudo-Forum debattiert wird, drehen – oh Wunder – die Spirale noch ein paar Windungen weiter in das absolute Chaos. Denn die Auslegungen der Sachbearbeiter sind, sofern sie überhaupt etwas von den geltenden Gesetzen wissen, eher abenteuerlich.
Was ist also nun der Stand der Dinge?

Die Auslegung in den Kommunen ist teilweise sehr frei

Vorab lässt sich aber feststellen, dass seit März 2010 alle deutschen Bundesländer eine Anzeige der Tiergehege für wild lebende Arten verlangen. Lediglich Sachsen und Bremen verzichten auf eine Anzeigepflicht, allerdings nur, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Die Anzeigepflicht gilt in diesen Bundesländern nicht für Gehege unter 50 m2 Größe. Sie wird nur dann aufgehoben, wenn in den Gehegen keine geschützten oder streng geschützten Arten gehalten werden.
Die Anzeigepflicht gilt seit März auch für die Länder, die sie bisher nicht hatten. Und die „Altbestände“? Sachsen-Anhalt verlangt von den Gehegebesitzern, diese bis zum Dezember 2010 nachzumelden, im benachbarten Sachsen hingegen steht man auf dem Standpunkt, dass die Regelung nur für Gehege gilt, die nach dem 01. März 2010 errichtet wurden.
Die Genehmigungspflicht für Gehege für wild lebende Tierarten bleibt als weitergehende Regelung in einigen Bundesländern bestehen (so in Berlin und Nordrhein-Westfalen), andere schafften sie allerdings ab (Niedersachsen). An die Möglichkeit, auf die Anzeigepflicht zu verzichten, wird außer in Bremen und Sachsen nirgendwo gedacht.
Um Licht in das Dunkel zu bringen, hat die Geschäftsstelle der dght alle zuständigen Landesministerien angeschrieben und um Klärung gebeten. In der Mitgliederzeitschrift „elaphe“ wurde ein Überblick ierzu veröffentlicht.
Bemerkenswert ist, dass viele Landesministerien klarstellen, dass es eigentlich in ihren Zuständigkeitsbereichen gar keine unangemeldeten Altbestände geben dürfe. Die Anzeigepflicht ist ja schon seit langem durch Landesnaturschutzgesetze vorhanden. Viele Gehegebauer aber dürften von den zum Teil seit vielen Jahren geltenden Gesetzen nichts wissen. Somit dürfte ein großer Teil der privaten Tiergehege im heimischen Garten streng genommen illegal errichtet worden sein und der zuständigen Behörde weder angezeigt worden noch dort, wo notwendig, eine Genehmigung eingeholt worden sein.
Andererseits häufen sich die sehr positiven Erfahrungen von vornehmlich Schildkrötenhaltern, die das Versäumte nachgeholt und ihre Gehege bei den zuständigen Naturschutzbehörden anzeigten. In der Regel erfolgte die Entgegennahme dieser Anzeige unbürokratisch und formlos.
Zwar handelt es sich um Einzelfälle, aber sie zeigen, dass eine nachträgliche Anzeige der Gehege wohl unproblematisch und ohne Nachteile für die Betreiber erfolgen kann. Es kam zum Beispiel bisher nirgends zu einer Bußgeldandrohung, weil Halter einer seit Jahren bestehenden gesetzlichen Bestimmung nicht nachgekommen waren. Die Erfahrungen derer, die ihre Gehege anmeldeten, führten zu einer kleinen Kettenreaktion, sie motivierten weitere Halter dazu, ihre Gehege ebenfalls nachträglich anzuzeigen.
Erstaunlich aber ist, wie die unterschiedlichen Naturschutzbehörden auf diese Anmeldungen reagiert haben. Der Erfahrungsaustausch im Internet zeigt, dass es Sachbearbeiter gibt, die die Anzeige der Gehege zur Kenntnis nehmen und die Unterlagen zu den Akten legen. Damit hat es sich dann.
Es gibt jedoch auch Sachbearbeiter, die das BNatSchG lediglich auf heimische wild lebende Arten beziehen und Haltern eine entsprechende Auskunft geben. Wieder andere verzichten ohne Deckung durch ein entsprechendes Landesgesetz ganz auf die Anzeigepflicht von Kleingehegen in Privatgärten. Die Intention ist deutlich. So heißt es in einer Nachricht einer bayerischen Behörde: „Um überflüssige Gehegeanzeigen zu verhindern, wird von unserer Seite momentan auf eine derartige Klein-Gehegeanzeige verzichtet.“

Wer soll sich da noch zurecht finden?

Völlig überraschend wurde einem nordrhein-westfälischem Halter mitgeteilt: „Bei den Tiergehegen geht es im Besonderen auch um den Schutz der Landschaft. Kleinflächige Schildkrötenhaltungen in privaten Hausgärten werden von mir nicht als Tiergehege behandelt.“ Das ist um so überraschender, da das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen der dght am 05. Mai mitgeteilt hat, dass das Land nach wie vor §67 des Landschaftsgesetzes Anwendung finden wird – NRW also auch weiterhin auf die „strengere Regelung gegenüber der bundesrechtlichen Anzeigepflicht“ besteht. Gehege müssen in NRW nach wie vor genehmigt werden.
Augenfällig ist, dass all diese Reaktionen und Antworten zu Gunsten der Halter ausfallen. Wieder einmal beweist sich: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wurde. Zwischen geltendem Gesetz und praktischer Umsetzung vor Ort können erhebliche Diskrepanzen entstehen.
Es ist nicht verwunderlich, dass das BNatSchG – vor allem dort, wo eine Anzeigepflicht erst eingeführt wird – unter Haltern wild lebender Arten nicht nur auf Irritation stößt, wie nun damit umzugehen ist. Auch die Gegenliebe hält sich in Grenzen. Schnell ist von behördlicher Willkür, amtlicher Schikane und Ähnlichem die Rede. Dabei folgt die Gesetzgebung einer ganz anderen Intention, als Tierhaltern das Leben zu erschweren. Wer den ersten Paragraphen des BNatschG liest, kann schnell entdecken, welche Absichten der Gesetzgeber verfolgt.
Im Wesentlichen zielt das BNatSchG auf den Schutz der Natur, der biologischen Vielfalt, ihrer Regenerationsfähigkeit, ihrer Eigenart und Schönheit ab. Dazu gehören der Schutz heimischer wild lebender Arten, die Sicherung ihres Lebensraumes und die Erhaltung bestehender Populationen ebenso wie die Erhaltung des Erholungswertes der Landschaft, der Schutz vor Zersiedelung, Verunstaltung und sonstigen Beeinträchtigungen.

Den Tieren jedenfalls ist es egal

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Anzeigepflicht für Tiergehege eine ganz andere Bedeutung: Das Bundesnaturschutzgesetz wurde nicht dazu erlassen, die Haltung wild lebender Tiere generell zu verbieten, wie es Organisationen wie Aktion Tier e.V., ProWildlife und Peta fortwährend verlangen. Aber es soll verhindern, dass die Haltung wild lebender Tiere dazu führt, dass
-> wild lebende (geschützte) heimische Arten der Natur entnommen und auf dem eigenen Grundstück in Gehegen gehalten werden; das ist ohnehin verboten.
-> wild lebende nicht heimische Arten aus Privathaltung entweichen und sich auf Kosten heimischer Arten in Deutschland ansiedeln können (Faunenverfälschung, Verdrängung heimischer Arten).
Das Gesetz soll auch nicht dazu dienen, den Bau von Gehegen auf Privatgrund generell zu verbieten. Aber es soll den Schutz der Landschaft, den ungehinderten und freien Zugang zur Natur (auch auf Privatgelände) über das Privatinteresse am Bau von (Groß)-Gehegen stellen. Damit sollen zum Beispiel Großgehege und Einzäunungen in Privatwäldern, die zu einer Zerstörung des Landschaftsbildes führen, reglementiert werden.
Das BNatSchG zielt nicht auf den Privatmann, der in seinem Garten einige verhältnismäßig kleine Tiergehege errichtet hat, zumindest nicht, solange gewährleistet ist, dass die dort gehaltenen wild lebenden Arten ausbruchsicher untergebracht sind und damit nicht zur weiteren Faunenverfälschung beitragen. Deutlicher Hinweis darauf ist, dass das Gesetz den Ländern die Möglichkeit einräumt, auf die Anzeigepflicht eben dieser Gehege zu verzichten.
Da das Bundesgesetz dies in die Hand der Länder gelegt hat, gelten natürlich die grundsätzlichen Regelungen zunächst einmal für alle Gehege, egal, ob es ein kleines Schildkrötengehege, eine Finkenvoliere, ein Großgehege im Privatwald oder eine Greifvogelanlage ist.
Es ist eine vielleicht lästige Pflicht, seine Gehege anzumelden, gegebenenfalls auch nachträglich. Allerdings sollten Halter sich immer wieder vor Augen führen, dass gerade Terrarianer sich gegenüber gültigem Recht mustergültig verhalten sollten. Keine andere Gruppe von Tierhaltern ist so stark einer fortgesetzten Negativkampagne durch eine bestimmte Gruppe der Tierschutzaktivisten ausgesetzt. Keine andere Gruppe erfährt so wenig Rückhalt oder Akzeptanz in der Bevölkerung. Und jedes noch so kleine Fehlverhalten wird zur „Munition“ in der Kampagne gegen die Terraristik. Dazu gehört auch die Ignoranz gegenüber geltenden Gesetzen.

Sie lassen sich ihr Futter so oder so schmecken

Unangenehmer als die Anzeige des Gehegebetriebs ist es sicher, seine Gehege genehmigen zu lassen, dort wo es nach wie vor verlangt wird. Dies betrifft nach aktuellem Kenntnisstand Berlin, Nordrhein-Westfalen und auf eine sehr eigenwillige Art Mecklenburg-Vorpommern.

Danksagung:
Mein Dank geht an die DGHT, namentlich an HOLGER VETTER und ANDREAS MENDT, die unermüdlich den einzelnen Landesbehörden die Beantwortung unserer Fragen abgetrotzt haben und uns das Material zur Verfügung stellen.

Text und Bilder: Lutz Prauser