Von Antje Irina Kaminski
Schon seit ich denken kann, sind Schildkröten meine absoluten Lieblingstiere. Und laut Erzählungen meiner Eltern reicht dies noch weiter zurück bis in meine ersten Lebensjahre, an die ich mich logischerweise nicht mehr erinnern kann.
Wann immer ich meine Ersatz-Großeltern besuchte – und das war in meiner Kindheit recht oft der Fall – galt die erste Frage Fiffi, der europäischen Landschildkröte.
Im Sommer konnte ich mich stundenlang damit beschäftigen, sie im Garten zu suchen und zu beobachten.
Dass Schildkröten höchstens mal kurz gestreichelt werden dürfen, aber nicht hochgehoben und schon gar nicht gekuschelt werden wollen, wurde mir von Anfang an vermittelt, hat aber meinem Interesse keinen Abbruch getan.
Auch im Winter konnte kein Besuch beendet werden, ohne dass ich in den Kühlschrank geschaut habe, ob ich nicht wenigstens einen Blick auf ein Stückchen Panzer erhaschen kann.
Je älter ich wurde, desto mehr reifte der Wunsch, selbst eine Schildkröte zu haben.
Verstärkt wurde dieser Wunsch noch dadurch, dass meine Jugend in die Zeit Anfang der 90er Jahre fiel, in der ganz viele Familien eine Wasserschildkröte hatten.
Ein kleines Becken im Kinderzimmer mit einem schwimmenden Holzstückchen – wie man es damals oft sah – sollte ja kein Problem sein. Das würden mir meine Eltern vielleicht erlauben…
Vermutlich in der Hoffnung, dass der Wunsch ein Strohfeuer ist und sich schnell wieder legt, haben mir meine Eltern dann erst einmal ein Buch über die artgerechte Haltung von Wasserschildkröten geschenkt.
Tja, da musste ich schnell feststellen, dass alles, was ich bisher an Wasserschildkröten-Haltung kannte, zwar praktisch und preiswert, wohl aber keinesfalls gut für die Schildkröten war.
Und so hatte sich für mich der Traum von eigenen Schildkröten erst mal erledigt – mindestens für so lange, bis ich nicht mehr bei meinen Eltern wohne.
Dafür sind dann nach und nach inzwischen unzählige Deko-Schildkröten jeglicher Art bei mir eingezogen. Es gibt nach wie vor kein Zimmer in und keinen Platz um unser Haus herum, wo gar keine Schildkröte zu finden ist, und so gut wie niemanden, der nicht weiß, was meine Lieblingstiere sind.
Außerdem blieb es bei regelmäßigen Besuchen von Fiffi, die inzwischen bei der Tochter meiner Ersatz-Großeltern lebt.
Als wir dann vor etwa 10 Jahren ins eigene Haus zogen und somit keine weiteren Umzüge mehr angedacht sind, nahm ich die Realisierung meines Wunsches nach eigenen Schildkröten erneut in den Blick und fing an, im Internet nach Informationen zur Haltung von Wasserschildkröten zu stöbern und mich einzulesen. Dabei musste ich feststellen, dass es mit eben mal Wasser und etwas als Landteil in ein Aquarium geben noch lange nicht getan ist und dass es sich um recht große Wassermassen handelt. Somit war mir klar, dass ich dies nicht leisten möchte oder gar kann, solange noch meine beiden Kinder und mein Beruf trotz Teilzeit gefühlt meine ganze Zeit beanspruchen.
Also habe ich mich erneut von dem Traum von eigenen Schildkröten verabschiedet.
Bis wir uns vor zwei Jahren als Urlaubsvertretung um die beiden griechischen Landschildkröten unserer Nachbarn gekümmert haben.
Weil dies mir und auch meinen beiden Kindern sehr viel Freude gemacht hat und auch gut dauerhaft machbar erschien, habe ich meinen Mann überredet, dass wir jetzt endlich meinen Traum von eigenen Schildkröten im Garten erfüllen.
So habe ich dann den Urlaub dazu genutzt, mich ausgiebig im Internet zu informieren und mich auch in der Facebook-Gruppe Schildkröten Liebhaber angemeldet.
Im Grunde hatte ich schon die Entscheidung getroffen, nach dem Urlaub in Auffangstationen nach einem Männchen zu fragen, das ein neues Zuhause brauchen könnte, als ich feststellen musste, dass unser Garten zu klein ist und vor allem zu wenig Sonne abbekommt, um einer Europäischen Landschildkröte dauerhaft ein naturnahes Leben zu ermöglichen.
Somit hatte ich mich schweren Herzens enttäuscht endgültig vom Gedanken verabschiedet, jemals selbst eigene lebende Schildkröten zu haben.
Um wenigstens weiterhin regelmäßig Bilder und Filmchen von Schildkröten zu sehen, bin ich in der Schildkröten Liebhaber Gruppe geblieben – und habe dies dort zum Glück auch so in einem Post geschrieben.
Denn erst dadurch habe ich von Ägyptischen Landschildkröten erfahren und erklärt bekommen, dass diese naturnah in einem relativ großen Terrarium mit sehr viel Technik gehalten werden.
Obwohl ich davon ausging, dass mein Mann weder damit einverstanden ist, dass ich mehrere tausend Euro für Schildkröten und ihre Ausstattung ausgebe, noch damit, dass in unserem Haus irgendwo ein großes Terrarium rumsteht, habe ich ihm von dieser Möglichkeit erzählt. Ob´s am Urlaub lag oder an seinem Motto „Happy wife, happy life“ wird nie geklärt werden, aber auf jeden Fall war er nicht nur damit einverstanden, sondern hat sogar noch den Vorschlag gemacht, dass wir im Wohn-Ess-Zimmer umräumen, damit das Terrarium einen zentralen Platz bekommt, an dem die Schildkröten dann auch dauerhaft genügend Aufmerksamkeit bekommen.
Und so wohnen seit fast 1,5 Jahren (seit März 2020) vier Ägyptische Landschildkröten in einem knapp 2qm-Terrarium bei uns und meine Familie hat sich daran gewöhnt, dass im Winter morgens im Ess-Wohnzimmer kalt ist und dass das Unkraut im Garten sogar noch gezüchtet wird, weil´s ja Futter für die Schildkröten ist.
Text und alle Bilder: Antje Irina Kaminski. Alle Rechte bei der Autorin
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Wow eine Geschichte mit Happy End, ganz toll!
Ich wünsche die ganze Familie viele, viele Jahre Freude mit diesen wundervollen Tieren.