Auf Schildkrötensafari mit Elke Wallrapp (Folge 88)

Immer mal wieder werden in unserem Regionalprogramm Berichte über die nordhessische Stadt Kassel ausgestrahlt.
Hört man von Kassel, dann meistens im Zusammenhang mit der „documenta“.
Der Bericht, der mir im Gedächtnis blieb, handelte von den einzigartigen Wasserspielen im „Bergpark Wilhelmshöhe“, dem Herkules und einer geysirartigen Fontäne.
Das klang spannend! Ich kannte Kassel noch nicht, wusste aber, dass es dort viele Jugendstilgebäude gibt und auch eine Statue von Ivan Theimer.
Und so wurde die Idee geboren, dort ein Wochenende zu verbringen.
Unser geplanter Besuch stieß tatsächlich auf Verwunderung – mit Kassel konnte niemand so richtig etwas anfangen. Oft kam die Frage: „Was wollt ihr da? Gibt es dort etwas Besonderes?“
Genau das wollten wir, am letzten Juni Wochenende 2018, bei schönstem Wetter herausfinden.
Und ja, es war besonders. Mir hat Kassel sehr gut gefallen. Es gibt dort einiges zu entdecken – viel Kunst und Grünanlagen, Möglichkeiten zum Shoppen und auch die Kulinarik kommt nicht zu kurz.
Und Schildkröten gibt es natürlich auch.

Unser erster Besuch galt dem fünf Meter hohen Bronzekunstwerk von Ivan Theimer „Herkules trägt einen Obelisken“ am Ständeplatz (vor der ehemaligen Bundesbankfiliale, heute Netcom), zwischen dem Stadtmuseum und dem Ständehaus.
Von weitem konnte ich die Statue schon sehen, denn der Obelisk ragt in den blauen Himmel hinein. Gehalten wird er von zwei muskulösen Armen, die zu einer lebensgroßen, athletischen Männerbronze gehören, die vollkommen nackt dargestellt wird.
Der Obelisk und auch die Basis der Statue sind mit den typischen Gestaltungselementen von Theimer verziert. Es wird die Geschichte von Herkules erzählt.
Wir können menschliche Darstellungen, Schlangen, Muscheln und Eidechsen ausmachen.
Natürlich halte ich auch nach einer Schildkröte Ausschau, denn diese ist eng mit Theimers Kunst verbunden. Auf den ersten Blick ist jedoch keine zu entdecken.
Trotzdem hat es sich für mich gelohnt, diese fantastische,1989 aufgestellte Plastik, zu besuchen. Wir verlassen den Platz und werfen einen letzten Blick zurück. Und plötzlich entdecke ich sie, meine Augen werden vor Freude und Erstaunen immer größer. Denn ganz oben auf der Spitze des Obelisken ist sie zu erkennen – eine Schildkröte auf deren Panzer ein Mann mit ausgebreiteten Armen steht.

Und noch einmal besuchen wir einen Herkules – am nächsten Tag im einzigartigen „Bergpark Wilhelmshöhe“.
Denn hier, zu Füßen des Herkules, beginnen in der Zeit vom 1. Mai bis 3. Oktober jeden Mittwoch, Sonn- und Feiertag, um 14.30 Uhr die berühmten Wasserspiele. Und die wollte ich natürlich unbedingt sehen.
Recht gemütlich, inmitten vieler weiterer Besucher, legten wir eine circa 2,3 Kilometer lange Strecke zum Fontänenteich zurück. Das Wasser begleitete uns und an mehreren Stationen erwartete es uns mit einem anderen Schauspiel. Über 200 Höhenmeter legten wir zum See zurück, bevor wir um 15.45 Uhr die „Große Fontäne“ erleben durften.
Die dritte Station der Wasserspiele wird „Teufelsbrücke“ genannt und das heran schießende Wasser fließt in den 10 Meter tiefer gelegenen „Höllenteich“.
Dort angrenzend, in der Hauptachse des Parks, liegt die dazugehörige Plutogrotte. Laut einer Sage soll der römische Gott der Unterwelt dort gehaust haben.
Erbaut wurde sie wahrscheinlich zwischen 1760 und 1785. Verschiedene Namen werden mit ihrer Entstehung in Zusammenhang gebracht. Ursprünglich war sie mit bunt verglasten Fenstern und Türen versehen, die an die Hölle erinnern sollten. In ihrem Inneren waren Figuren aus Gips zu finden, die mythologische Szenen der Unterwelt darstellten.
Heute finden wir von alldem nichts mehr.
Jedoch stehen seit ein paar Jahren in den äußeren Wandnischen zwei große Steinskulpturen hinter grünlichen Gittern.
Zu sehen sind hier neben zwei großen Meeresungeheuer allerlei Pflanzen, Muscheln, Fische und Wassertiere.
Und wo Wasser ist, könnte auch eine Schildkröte dargestellt werden.
Und genau so war es. An der linken Skulptur, ganz unten, entdeckten wir sie!

Die Steinskulpturen wurden von „Johann August Nahl dem Älteren“ (deutscher Bildhauer, 1710-1781) gefertigt und standen ursprünglich im „Schloss Wilhelmsthal“.

Natürlich war ich begeistert, vergaß beinahe, dass das Wasser weiterfließt und noch weitere Stationen, wie z. B. das Aquädukt vor uns lagen. Etwas schneller laufend, schafften wir auch die letzte Strecke und konnten das absolute Highlight „die große Fontäne“ beobachten.

Mit dem Bau des „Bergparks Wilhelmshöhe“ wurde 1696 begonnen und seine Errichtung dauerte circa 150 Jahre.
Er hat eine Größe von 2,4 Quadratkilometer und wurde im Juni 2013 zum Unesco Weltkulturerbe erklärt.
Der „Bergpark Wilhelmshöhe“ gehört heute zu den „Top 100 Sehenswürdigkeiten“ in Deutschland, was ich nur bestätigen kann (auch unabhängig von dem überraschenden Schildkrötenfund).
Ich freue mich jetzt schon auf einen nochmaligen Besuch, nach der „Corona-Zeit“.

 

Text und alle Bilder: Elke Wallrapp. Alle Rechte bei der Autorin