Von Michaela Volkmann
Der Frühling ist da und damit die Zeit des Gehegebaus und -gestaltung. In den sozialen Netzwerken findet man unzählige Beiträge und Inspiration zum Thema, manche Bilder beeindrucken und manche Bilder….nun ja, ähm…erschrecken.
Bei der Gestaltung eines Geheges sind der Fantasie ja keine Grenzen gesetzt und Schönheit liegt ja oft auch im Auge des Betrachters.
Aber Schönheit und Zweckmäßigkeit klaffen manchmal weit auseinander und ich frage mich oft: „Was, um Himmels Willen, ist das?“
Aber fangen wir mal mit den Grundlagen an, was braucht so ein artgerechtes Gehege für europäische Landschildkröten eigentlich?
• Ein Frühbeet/Gewächshaus/oder ähnliches (Technik ist klar, da gehe ich jetzt hier nicht im Detail drauf ein)
• Eine Umrandung, stabil und überkletterungssicher
• kalkreicher Bodengrund, grabfähig aber nicht matschig
• Versteck-und Futterpflanzen, vielleicht ein – zwei Höhlen,
• Wasserstelle, je nach Größe auch mehrere
• Für Schlüpflinge auf jeden Fall einen Schutz vor garstigen Vögeln
Das nur mal grob zusammengefasst.
Nun muss man das alles irgendwie aufbauen und gestalten, eigentlich keine große Sache, wenn sich vorab ein paar Bilder vom Habitat anschaut oder die Ratschläge erfahrener Halter zu Herzen nimmt.
Eigentlich.
Das Elend beginnt meist mit den Worten „Der Bodengrund braucht Kalkschotter“. Pfiffige Halter kaufen dann tonnenweise Schotter und bringen diesen ins Gehege ein, vermengt mit dem Bodengrund im Garten.
Und dann gibt’s die anderen…
Eben diese die sich im Baumarkt Zierkies kaufen, vorzugsweise in einem hübschen Weiß (Marmorkies), und hübsche kleine Wege damit gestalten: Vom Frühbeet zur Wasserstelle, von der Wasserstelle zur Höhle, und immer schön um die Pflanzen herum im Kreis verteilen.
Warum? Haben diese Menschen Angst, dass die Schildkröten sonst den „Rasen“ kaputt machen oder ohne diese Wege ihr Ziel nicht finden, gibt es eigentlich Kies im Habitat?
Die Bepflanzung ist auch ein Thema, welches oft an den Bedürfnissen einer Schildkröte vorbei gedacht wird.
Da sieht man dann, entlang der Kieswege, hübsche kleine Blümchen, gefühlt 47 Rosmarinsträucher , 12x Löwenzahn, unzählige Glockenblumen und vielleicht auch mal einen Hibiskus. Schön im richtigen Abstand zueinander gesetzt, darauf bedacht das Gehege akkurat im rechten Winkel hübsch aussehen zu lassen. Die Bundesgartenschau im heimischen Garten. Dabei hat Lutz Prauser schon vor langer Zeit erklärt wie es richtiger wäre.
Höhlen und Verstecke sind immer gut und wichtig für Schildkröten. Verbreitet sind halbe Blumentöpfe zum Reinkriechen für die Tiere oder in Erdhügel eingelassene Tunnel oder hohle Baumstücke etc…Ja nun, da gibt’s dann auch wieder Missverständnisse. Da werden Plastiktöpfe auf eine Gehwegplatte gestellt (nicht, dass sich die Schildkröte noch schmutzig macht), oder die obligatorische Weidenbrücke aufgestellt (man muss ja den Handel unterstützen und außerdem passt so eine Weidenbrücke hervorragend zum Gesamtkonzept des akkuraten Vorzeigegärtchens).
Ein Thema, bei dem sich die Halter mehrheitlich einig sind, ist die Wasserstelle. Die Wasserstelle sollte unbedingt so groß sein, dass eine Schildkröte bequem ein Bad nehmen kann, aber nicht Gefahr läuft abzusaufen.
In den letzten Jahren mutieren diese Wasserstellen aber immer mehr zu kleinen Wellnessoasen für Schildkröten. Das sprudelt es munter vor sich hin, dank Solarbrunnen und Filtersystem, manch eine Wasserstelle ist sogar bunt beleuchtet, für die Schildkröten die sich auch gern nachts mal ein Bad gönnen. Und wichtig: niemals das Wasser schmutzig werden lassen, es muss glasklar und rein sein!
Zu dieser Wellnessoase gehört auch unbedingt ein „Schubberdings“ – also eine Bürste/Straßenbesen unter dem sich die Schildkröte ihren Panzer (kaputt) schubbern kann. Gibt es im Habitat vielleicht Bürstenbäume oder warum machen die Halter hier so etwas?
Dekoration. Braucht ein Gehege Dekoration? Eindeutig jain! Viele Halter ziehen los und sammeln Totholz, Wurzeln, große oder besondere Steine und ähnliches.
Andere kaufen ein.
Und zwar lustige bunte Polyresin Figürchen, Solargartenstecker, Vogeltränken mit süßen Ornamenten und, das scheint wirklich der Hit zu sein, künstliche Schildkrötenfiguren, lebensecht oder gern auch einfach nur niedlich kitschig, am besten mit LED Augen. Da fehlen einem dann doch die Worte.
Liebe Leute, Geschmäcker sind verschieden, ohne Frage und ein Schildkrötengehege darf gern auch so gestaltet werden, dass es auch dem Halter gefällt. Ich selbst hatte sogar mal so einen Schubberdings im Gehege, weil ich das für eine gaaaaaanz tolle Idee hielt, meine Schildkröten leider nicht.
Aber BITTE verwandelt eure Gehege nicht in Kasperlebuden, denkt an die Bedürfnisse und Ansprüche der Schildkröten, dann entsteht was ganz tolles, natürliches, ein kleines Paradies welches selbst den nörgeligen Nachbarn beeindrucken kann und vor allem euren Schildkröten ein artgerechtes Leben ermöglicht.
Text und Bilder: Michaela Volkmann. Alle Rechte bei der Autorin.
Das Gehege wurde für die Bilder zur Illustration des Beitrags arrangiert und danach wieder in seinen Normalzustand zurückgesetzt.
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Besonders toll finde ich die Schilkrötenhalter, die alle Nase lang „ihre“ Tiere hochnehmen und anschauen müssen, zeigen müssen etc. Die Tiere tun mir einfach leid.
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Es ist erschreckend, bald gibts sicherlich auch noch Beauty-Salons wie für die Hunde.
Steine gehören ins Gehege. Wasser brauchen die Tiere.
Ich war schon oft in Griechenland, habe jedoch noch nie sooo natürliche Landschaften angetroffen.
Wenn ihr einen Ziergarten, wie kitschig auch immer, haben möchtet ist dies absolut in Ordnung – für Euch.
Die Tiere habens jedoch lieber natürlich.