Selbstversorgergehege – Das Konzept von Michaela Volkmann

Von Michaela Volkmann

Selbstversorgergehege – Ja, aber richtig.

Angeregt durch Lutz Prausers Beitrag vom 24. Juni 2019 möchte ich hier meine Variante vorstellen und zur Futtermanagement-Diskussion beitragen, denn ich bin der Meinung, dass ein Selbsterversorgergehege durchaus machbar und sinnvoll ist.

In vielen Punkten stimme ich Lutz Prauser zu. Schildkröten fressen auch meiner Beobachtung nach vor allem erst mal ihr Lieblingsfutter und stets das Grünste und Leckerste im Gehege, was zur Folge hat, dass getrocknete Pflanzen ignoriert werden und manch eine Schildkröte den ganzen Sommer über im Schlaraffenland lebt – was eigentlich mit Blick auf die vor allem südlicheren Habitate nicht artgerecht ist.

Ich habe hier eine „fette“, allen gängigen Tabellen zur Folge, übergewichtige Schildkröte , obwohl sie artgerecht gehalten und ernährt wird. „Wieso ist das so?“ ,fragte ich mich und nach diversen Gesprächen mit meinem Tierarzt und anderen Haltern kam ich zu dem Schluss, dass mein Gehege einfach falsch strukturiert ist. Meine Schildkröten (eine THB und eine Hercegovinensis Dame) konnten sich permanent an saftigen Pflanzen im Gehege satt fressen – sehr bequem für mich, aber nicht optimal für die Tiere.

Da ich aber mitunter sehr eingespannt bin, auch mal verreise, muss das Gehege so strukturiert sein das es ganzjährig die „richtigen“ Futterquellen gibt.

Wie aber gestaltet man ein artgerechtes Selbstversorgergehege? Orientiert man sich an den vielen Habitatsbildern, die andere mit uns teilen, ist es theoretisch gar nicht so schwierig – allem voran muss man die Kunst des Loslassens beherrschen.

Einen Großteil meiner Futter-und Blühpflanzen (die immer von meinen Nachbarn bewundert wurden) hab ich im Herbst 2018 ausgerissen und mich mit Weidemanagement beschäftigt, gelernt wann welche Pflanzen blühen, wie lange sie brauchen, um zu wachsen und ob sie mehrjährig sind oder sich selbst aussäen. Es ist nicht einfach, aber es ist sinnvoll für ein artgerechtes Selbstversorgergehege.

Statt im Frühjahr Unmengen von Samen ins Gehege zu werfen, sollte man gezielt aussäen. Wo vormals riesige Flächen von Löwenzahn, Glockenblume, Labkraut etc. zur Verfügung standen, wachsen jetzt Thymian, schnödes Gras und an einigen Stellen liegt auch nur ein Haufen Steine rum. Es gibt im Frühjahr natürlich frisches Grün im Gehege, aber gezielt gesät, nur noch kleine Inseln mit Löwenzahn, Wegerich und statt 12 Glockenblumen eben nur eine.

Alles was zu riesig wird, wird rigoros abgeschnitten und aus dem Gehege entfernt. Das klingt erst mal so, als würde ich einfach das Futter reduzieren, dem ist aber nicht so. Denn sobald die Temperaturen steigen, wachsen wieder andere Pflanzen wie z.B. Kornblumen, Malven, Wegwarte… .und das ist der schwierige Teil.

Ich lasse sie wachsen und gieße sie einfach nicht mehr. Einige Pflanzen gehen ein, vertrocknen und die Schildkröten sind gezwungen, das zu fressen was übrig ist – eben genau das, was sie brauchen: Getrocknete, rohfaserreiche Pflanzen. Ich gehe soweit, die zwei Hibiskusbüsche im Gehege in Schildkrötenhöhe kahl zu schneiden und die Blüten abzupflücken. Das Gehege sieht stellenweise sehr traurig, karg und ungepflegt aus, aber das ist mir egal.

Werden meine Schildkröten satt und bekommen sie abwechslungsreiches Futter?
Ja, denn ich füttere zu – jeden Abend zur Einschlusszeit, gibt’s ein wenig frisches Grün, welches im Hochbeet neben dem Gehege extra ausgesät wurde, die eine oder andere Hibiskusblüte kommt auch hinzu. Das Futter lege ich ausschließlich ins Frühbeet, das dient dazu die Tiere zu bestechen, so marschieren sie stets freiwillig ins „Bett“.

Zum Herbst hin, so sagt man, sollen Schildkröten wieder vermehrt frisches Grün bekommen, das erreiche ich zum einen mit den Futterpflanzen im Hochbeet und in extra angelegten Futterwiesen – um aber eben auch die Selbstversorgung zu gewährleisten, säe ich im Juli im Gehege neue Futterinseln mit verschiedenen Pflanzen (idealerweise welche die es im Frühjahr nicht so reichlich gab), die dann gegen Ende des Sommers groß genug sind um die Schildkröten satt zu bekommen.

Ich stehe noch am Anfang dieses „Experiments“, sehe aber jetzt schon das meine Schildkröten super damit klar kommen – durch die reduzierten Futterangebote müssen sie sich öfter mal lang machen, klettern oder schlicht das ungeliebte trockene Zeugs knuspern.

Meiner Meinung nach ist also ein habitatsnahes Selbstversorgergehge durchaus machbar – wenn man sich drauf einlässt und sich nicht dran stört das die Nachbarn über die traurigen Pflanzen im Garten die Nase rümpfen.

Text und alle Bilder: Michaela Volkmann